Geschichte

Allgemeines zur Mühlengeschichte

Vereinfacht gesagt bestehen Getreidekörner aus drei Teilen, der Schale, dem Keim und dem Mehlkörper.

Das Vermahlen ist notwendig, da die intakten Körner zu hart zum Kauen und in unverarbeiteter Form zu schwer verdaulich sind. Die Zerkleinerung erfordert große körperliche Anstrengungen. Es ist daher nicht verwunderlich, daß der menschliche Erfindungsgeist frühzeitig Geräte ersann, die diese tägliche Last erleichterten.

Die Bedeutung des Mahlgerätes kommt schon im alten Testament zum Ausdruck:

„Man darf nicht die Handmühle oder den oberen Mühlstein als Pfand nehmen,

denn dann nimmt man das Leben selbst als Pfand“ (5. Buch Mose, Kap. 24, Vers 6).

Nachdem Mörser und Quernen durch einfache Mahlwerke ersetzt waren und sich die wirtschaftliche Bedeutung von Mühlen abzeichnete, wurde durch das Mühlenregal von der Obrigkeit meist unter klarer Wahrung der eigenen Interessen der Bau, Betrieb und auch die Nutzung der Mühlen geregelt.

Die Matte (auch Multer oder Mahllohn genannt) war die Bezahlung des Müllers durch den Mahlgast, das heißt der Teil an Mehl oder Schrot, den der Müller selbst behalten durfte, meistens 6,25% (ein Sechzehntel). Um unerwünschter Konkurrenz vorzubeugen, wurden Zwangsmühlen eingerichtet. Diese sollten die Versorgung der Bevölkerung bei einem garantierten Kundenkreis in ihrem Einzugsbereich sicherstellen. Das Verniahlen bei anderen Mühlen war verboten, selbst dann, wenn dort die Matte günstiger war oder der Transport nicht so beschwerlich.

Mit Beginn der industriellen Revolution geriet diese Ordnung zunehmend in Bedrängnis, eine freie Entfaltung des Wirtschaftslebens war nur durch Gewerbefreiheit zu erreichen. Diese wurde in Preußen 1810 und im Königreich Hannover 1869 eingeführt. Damit hatte jeder das Recht, eine Mühle zu bauen und zu betreiben.

Die Müller profitierten von der Lockerung der Zunftordnung, obwohl sie selbst nie in Zünften organisiert gewesen waren: Von alters her galten Müller als unehrlich. Dies mag mit ihrer Vertrautheit mit Wind und Wetter zusammenhängen, die nur zu gern als ‚mit dem Teufel im Bunde‘ angesehen wurde, und auch damit, daß dem unvermeidlichen Volumenverlust zwischen Korn und Mehl von den Mahlgästen mit Mißtrauen begegnet wurde.

In der Folge wurden in den dünn besiedelten ländlichen Bereichen von vermögenden Bauern oftmals Mühlen für den Ei­genbedarf erbaut. Diese Hofmühlen dienten vor allem der Herstellung von Futterschrot für das Vieh, drei Viertel des Mahlgutes wurden für diesen Zweck verbraucht und nur ein Viertel fand den Weg ins Brot. Aufgrund der Tatsache, daß zumal im ländlichen Raum ein Großteil der Bevölkerung entwe­der selbst Bauer oder als Kötter einem Bauern zugehörig war, hatten die Ilofmühlen sicher große Bedeutung für die Versor­gung mit Mehl.

Im Gegensatz zu heute lebte man damals ‚mehr für sich‘, in kleinen, überschaubaren dörflichen Gemeinschaften mit vie­len dezentralen Mühlen. Parallel zu dieser Entwicklung fand eine Umstellung der Ernährungsgewohnheiten statt: Wäh­rend bis etwa 1850 Grütze aus Gerste und Buchweizen und danach Kartoffeln das Hauptnahrungsmittel darstellten, erlangte nunmehr Brot immer mehr Bedeutung, wobei vor allem Roggen und Menggetreide zu Brotmehl vermahlen wurde.

Im einzelnen erzeugten die Mühlen folgende Produkte:

  • Graupen, also Getreidekörner ohne Schale (meist Gerste)
  • Grütze (leicht geschrotete Graupen)
  • Futterschrot (grob zerkleinertes Getreide)
  • Gries (grobes Getreidemahlgut)
  • Kleie (Getreiderückstände nach der Mehlaussiebung)
  • Bollmehl (dunkler Gries, feiner als Kleie)
  • (Fein)Mehl

Da in früherer Zeit eine Konservierung durch Tiefkühlen oder chemische Zusätze nicht möglich war ‚gestaltete sich der Ab­lauf vom Korn zum Brot entsprechend: Das frisch gemähte Korn wurde nicht immer sofort ausgedroschen, sondern oft mitsamt den Ähren gelagert. Bei Bedarf wurde dann ein Teil des Getreides gemahlen und sofort verbacken, in der Regel alle drei bis vier Wochen. Die Menge richtete sich nach dem Fassungsvermögen des Ofens, meist 20 bis 30 Brote.

Mehlsorten werden heute nach dem Anteil Asche eingeteilt, der beim Verbrennen übrig bleibt. Sind dies beispielsweise 405 mg von anfangs 100 g Weizenmehl (also 0.405 %)‚ so liegt der allseits bekannte ‚Typ 405‘ vor. Weitere Weizenmehle sind Typ 550, 1050 und 1700, letzteres ist schon ein Weizenvoll­kornschrot. Beim Roggenmehl sind die Typen 1150 und 1800 (Roggenvollkornschrot) gängig.

Für die Backfähigkeit ist ein hoher Kleberanteil im Mehlkörper wichtig, da solche Mehle Wasser gut binden. Faustregel: Je trockener der Sommer, desto höher der Kleberanteil. Ein typisches Graubrot besteht zu 30% aus Typ 550, zu 70% aus Typ 1150, dazu kommen noch Sauerteig, Salz, Wasser und Hefe. Nach dem Kneten läßt man den Teig etwa 30 Minuten gehen, dann wird bei 750 g Broten 30 Minuten bei 250 0C gebacken.

Die Bedeutung der Müllerei für das alltägliche Leben hat ihren Niederschlag in vielen Redensarten gefunden, die noch immer in Gebrauch sind:

    • Gottes Mühlenmahlen langsam, mahlen aber trefflich klein
    • Wer mahlen will, muß in der Mühle bleiben
    • Wer zuerst kommt, mahlt zuerst
    • Mir wird von alledem so dumm, als ginge mir ein Mühlrad im Kopf herum
    • Wasser auf jmds. Mühle sein
    • Sein Maß ist voll, er ist zur Ernte reif
    • Ein gerüttelt Maß
    • Wer Maß hältin allen Dingen, der wird‘s auch zu etwas bringen
    • Das Maß ist voll
    • Mit zweierlei Maß messen